Öffentlichkeitsarbeit und Dreigliederung

  • von der Idee zur Realisierung
  • vom Geheimtipp in die Mitte der Gesellschaft

WAS – ein Kongress auf Schloss Hohenfels
Ob Preisanstieg, Armut, Bauernprotest, Lokführerstreik, Umweltschutz, Demokratiedefizit: unsere Gesellschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen. Doch es fehlt an den Visionen für einen echten Wandel. Gemeinsam haben wir die gesellschaftlichen Herausforderungen aus der Perspektive der sozialen Dreigliederung betrachtet. Und wir sind noch einen Schritt weiter gegangen, in dem wir Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit für die Dreigliederung ausgelotet haben.

Zunächst identifizierten wir gemeinsam 19 Themenbereiche, für die vielversprechende Perspektiven durch die Dreigliederung entwickelt werden können. Aus diesen wählten wir sechs Themenbereiche aus, in die wir uns – mit Kleingruppen, Elevator Pitches (Kaffeemaschinengespräche) und World Cafés – auf dem Kongress vertieften:

  • Preisbildung, wie kommen wir zu sozial ausgeglichenen und umweltgerechten Preisen?
  • aktive Toleranz statt Polarisierung, Aus- und Abgrenzung, Grundlagen für ein freies Geistesleben
  • freies Bildungswesen, der Mensch und seine Entwicklungspotentiale im Mittelpunkt
  • Digitalisierung und Transhumanismus, Grundlagen einer dem Menschen dienenden Technik
  • Menschen- und Weltbild, was unserem Denken und Handeln zumeist unbemerkt Grenzen setzt sowie
  • Ersetzen von (fehlendem) Geld durch Fähigkeiten.

AKTIVE TOLERANZ

Als ein inhaltliches Beispiel sei hier aus der Arbeit an dem Thema „aktive Toleranz“ berichtet. Beim Erstellen der Elevator Pitch wurde deutlich, dass die kulturelle Errungenschaft einer gelebten Vielfalt unser Kernanliegen und die Grundlage eines freien Geisteslebens ist. Doch sind in unserer Gesellschaft Polarisierungen, Polemik, ein schnelles Einsortieren in Schubladen sowie ein oberflächliches Hereininterpretieren und Projizieren statt Nachfragen, was der andere wirklich meint, bis hinein in Politik und Journalismus weit verbreitet. Dadurch wird die kulturelle Vielfalt zurecht als bedroht empfunden.

Situatives Erleben wie „Kann ich jetzt wirklichen sagen, was ich denke?“ „Wie wird wohl der andere reagieren und was werde ich rechtfertigen müssen?“ oder „Erst einmal schweigen und sehen, was passiert, bevor ich mich selbst positioniere oder mein Inneres offenbare“ erzeugen Unsicherheit und die Sorge, zu viel von sich preiszugeben. Doch dadurch wird unsere eigene Freiheit eingeengt und die Selbstentfaltung erschwert.

Empathie, ein interessiertes Nachfragen, eine Atmosphären des Vertrauens (als Schutzraum für Gespräche) und ein Wohlwollen wollen gelebt werden, damit Freude an der Vielfalt aufleben kann. Dabei kann Wohlwollen als „Wohlwollen: was will der andere wohl wollen?“ verstanden werden. Damit ist auf ein doppeltes, ein tieferes Verstehen hingedeutet. Über das gedankliche Verstehen hinaus zu gehen und zu einem Verstehen der Intentionen sowie des Herzensanliegens des anderen zu gelangen!

Als Slogans ergeben sich somit Botschaften wie:

  • In die Mokassins des anderen schlüpfen (indianisches Sprichwort)
  • Gel(i)ebte Vielfalt
  • Bist Du noch ein Bürokrat? Stempelst Du noch ab?
  • Toleranz feiert Unterschiede
  • Brücken statt Mauern bauen

Als Grundlage für eine gelebte Vielfalt können, neben dem bereits geschilderten, dienen:

  • das Verständnis seiner „inneren Mannschaft“,
  • die Gewaltfreie Kommunikation, und Gedanken wie
  • „Lebe im Lieben zum Handeln und Lebenlassen im Verständnis des fremden Wollens“ (aus der „Philosophie der Freiheit“ von Rudolf Steiner).

Anregungen für die Zukunft und das Eintreten für gelebte Vielfalt:

  • Diesen Umgang mit einer gelebten Vielfalt können wir gemeinsam in der Dreigliederungsbewegung versuchen vorzuleben. Uns immer liebevoll daran erinnern, wenn es in einer Situation nicht so gut klappte.
  • Ausgehend vom intellektuellen Verständnis sich um ein Verständnis der Intentionen und Herzensanliegen des Anderen bemühen.
  • Daran denken, dass nicht nur jeder Mensch verschieden ist und zwischen den Menschen eine Vielfalt entsteht. Jeder Mensch ist bereits eine Vielfalt in sich selbst und kann nicht auf einzelne Faktoren reduziert werden.
  • Sich die Vielfalt in Einheiten vergegenwärtigen: wie verschieden sind wohl die Mitglieder im ADAC oder die anderen Kundinnen und Kunden der eigenen Hausbank? Wir machen uns meist nicht deutlich, wie verschieden die Menschen sein können, die sich in einer solchen „Vereinigung“ zusammen finden. Hier kann die Systemtheorie von Niklas Luhmann verdeutlichen, dass „Mitglieder in einem System“ sich durch die „Mitgliedschaft in anderen System“ völlig heterogen unterscheiden können.
  • Neben dem Leben der Vielfalt braucht es auch den Blick darauf, was uns verbinden und als Gemeinsames eine Basis – auch für unser Handeln – bilden kann.
  • Hinsichtlich der gelebten Vielfalt können wir die Vorbildfunktion verstärkt pflegen. Das Vorbild der Erwachsenen für die Kinder oder Vorbilder wie Mahatma Gandhi für uns alle.
  • Auch ist es eine spannende Herausforderung, wenn wir nicht nur eine (meist die eigene) Perspektive einnehmen, sondern wir im Sinne der 12 Weltanschauungen entdeckten, welche Perspektiven sich noch eröffnen und uns so ein differenzierteres Verständnis der Welt erschließen. Es gibt grundsätzliche Unterschiede (Weltanschauungen) wie Beurteilungen stattfinden. Hierzu könnte auch in Schule und Studium geübt werden, andere Perspektiven (Weltanschauungen) bewusst einzunehmen, statt meistens zu einem Ergebnis aus einer Perspektiven in Aufsätzen und Arbeiten zu gelangen.
  • Und „last but not least“: gelebte Vielfalt ist nicht selbstverständlich! Doch auf gesellschaftlicher Ebene schulen wir bisher nicht das Bewusstsein und die Fähigkeit Vermittler und Mediatoren für die gesellschaftliche Vielfalt zu werden, wenn es in einer bestimmten Situation einen Ausgleich zwischen entstehenden Polarisierungen braucht. Genau so wenig, wie eine unsichtbare Hand im Sinne von Adam Smith den Markt zwischen Angebot und Nachfrage regelt, genau so wenig entsteht gelebte Vielfalt von alleine. Gelebte Vielfalt, sie braucht heute Pflegerinnen und Pfleger!

Der Bericht ist verfasst von Moritz Christoph